Adaption? Godard versammelte 1987 für seinen Film unter anderem Julie Delpy, Peter Sellars und Norman Mailer, der vor Ort ein Drehbuch schreiben sollte für diese doch eher freie Annäherung an den Klassik-Stoff (Gerüchte gehen, dass der Vertrag mit dem Produzenten Menahem Golan vorgängig in Cannes auf eine Stoffserviette gekritzelt worden war). Selbst Woody Allen kommt zu einem kurzen Auftritt. Entsprechend zahlreich sind die Richtungen, in die der stilistisch einmal mehr experimentelle, essayistische Film Fahrt aufnahm. In seiner lustvollen, von den Altlasten und Inszenierungsvorlagen weitgehend unbeeindruckten Herangehensweise befragt Godard vielleicht weniger den literarischen Stoff, als vielmehr seine eigenen Möglichkeiten, mit diesem umzugehen. Adaption wird hier tatsächlich als Anpassung verstanden, als eine Offenlegung des eigenen Lesens, der eigenen Nähe und Distanz zu Bildern und Texten, als eine Anpassung vielleicht auch der Vorlage an die Möglichkeiten des Films und des Kinos. Die Zwänge der Blaublüterei werden eingetauscht gegen die Beschränkungen und Freiheiten der Bildgebung, der Rhtyhmisierung von Sprache, den befreienden Humor.
Film: King Lear, CH 1987, OV/f, 90′
Wann: 07. November 2022, Film ab 20 Uhr, Bar ab 19 Uhr
Wo: Lichtspiel / Kinemathek Bern
Mit dem monatlichen Programmfenster Archivschätze bietet das Lichtspiel in Zusammenarbeit mit der Cinémathèque suisse und Memoriav die Gelegenheit, restaurierte Filme aus der Schatztruhe der Cinémathèque suisse (wieder) zu entdecken. Weitere Informationen und nächste Vorführungen